Rufname: Mally
04.11.1902 in Westheim
Religionszugehörigkeit: | jüdisch |
Eltern: | Friederika (Rika) Stamm, geb. Eichwald (11.03.1865 in Westheim - 30.01.1943 in Theresienstadt), Salomon (Sally) Stamm (23.06.1864 in Adorf/Waldeck - 24.05.1937 in Westheim) |
Brüder: | Max Stamm (geb. 29.09.1892 in Westheim) Paul Stamm (04.09.1893 in Westheim - 12.07.1944 in Theresienstadt) Joseph Stamm (geb. 06.08.1895 in Westheim) Carl Stamm (geb. 31.08.1897 in Westheim) Siegfried Stamm (geb. 24.09.1899 in Westheim) Wilhelm Stamm (geb. 29.11.1904 in Westheim) Bruno Stamm (geb. 05.06.1909 in Westheim) |
Ehemann: | Julius Stein (geb. 29.12.1887 in Gescher) |
Schwägerin: | Anna Schaap, geb. Stein |
Kinder: | Ulrich Samuel Stein (geb. 11.11.1929 in Gescher) Wolfgang Stein (geb. 11.08.1935 in Gescher) Eleonore (auch: Elionore) gen. Libe Stein (geb. 01.04.1939 in Gescher) |
Stand: | Lehrfräulein (lt. Detmolder Meldekartei), Haustochter |
Wohnorte: | Westheim Nr. 67 (heute: Kasseler Str. 34) Gescher, Armlandstr. 1 01.05.1920 Detmold, Emilienstr. 12 bei Michaelis[-Jena] 17.11.1920 nach Westheim abgemeldet |
Amalie Stamm war die einzige Tochter von Rika und Sally Stamm und hatte noch sieben Brüder. Die Familie lebte in Westheim und betrieb dort eine Getreide-, Futter- und Düngemittelhandlung. Während zwei ihrer Brüder eine akademische Laufbahn einschlugen, vier als Kaufleute arbeiteten und ihr Bruder Bruno Metzger wurde, arbeitete Amalie Stamm als Haustochter. In ihrer Zeit in Detmold lebte sie als "Lehrfräulein" im Pensionat der Witwe Emilie Michaelis-Jena in der Emilienstraße 12. Wie ihre spätere Schwägerin Anna Schaap (Sie war eine der Schwestern ihres Mannes Julius Stein und war im Detmolder Pensionat in der Moltkestraße 28 bei Thirza Jacobsberg untergebracht.), wählte auch sie ein solches Pensionat als Wohn- und Ausbildungsort. In derlei Institutionen sollten jungen Frauen nicht nur gesellschaftliche Umgangsformen, sondern auch hauswirtschaftliche Fertigkeiten vermittelt werden. Manche der in vielen Orten ansässigen Institute versprachen u. a. auch eine wissenschaftliche und gesellschaftliche Ausbildung, die ein kulturelles Leben ebenso mit einschloss wie Unterweisungen in Haushaltsführung.1
Amalie Stamm heiratete am 10. Oktober 1928 den Kaufmann Julius Stein aus Gescher, der dort ein Textilgeschäft betrieb. Mit ihm hatte sie drei Kinder. In ihrem Haus in der Armlandstraße befand sich eine Betstube, die während der Ausschreitungen des Novemberpogroms 1938 ebenso verwüstet wurde wie ihr Wohn- und Geschäftshaus. Julius Stein wurde mit weiteren jüdischen Bürgern aus Gescher im örtlichen Gefängnis in sog. Schutzhaft genommen. Drangsalierungen und gewalttätige Übergriffe, Hausdurchsuchungen, Schikane und Sachbeschädigungen bestimmten den Alltag in zunehmendem Maße. Anfang 1939 hatte die Familie Stein noch alle Vorbereitungen für eine Emigration in die USA getroffen, die sie aber - möglicherweise auch durch die Geburt der Tochter - nicht in die Tat umsetzen konnten. Julius Stein musste Zwangsarbeit leisten. Am 10. Dezember 1941 wurden alle jüdischen Bürgerinnen und Bürger aus Gescher zunächst nach Münster gebracht, um von dort in das Ghetto Riga deportiert zu werden. Weitere Informationen zur Schicksalsklärung der Familie Stein sind nicht dokumentiert.
Amalie Stein, ihr Mann Julius und ihre Kinder Ulrich, Wolfgang und Libe wurden 1952 vom Amtsgericht Coesfeld für tot erklärt. Als amtliches Todesdatum wurde der 8. Mai 1945 festgesetzt.
Amalie Steins verwitweter Bruder Max wurde mit seinem Sohn Werner Anfang 1943 nach Auschwitz deportiert. Ihr ebenfalls verwitweter Bruder Paul wurde zusammen mit ihrer Mutter Rika im August 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo beide umkamen. Seine Töchter wurden vermutlich in das Ghetto Zamosc verschleppt. Ihr Ihr Bruder Bruno wurde während des Novemberpogroms nach Buchenwald verschleppt, wo er bis zum 24. Dezember 1938 in Haft war, und wurde am 28. März 1942 nach Warschau deportiert.
Joseph Stamm gelang 1937 mit seiner Familie die Flucht in die USA, wo sein Bruder Karl bereits lebte. Siegfried Stamm emigrierte ebenfalls in die USA. Wilhelm Stamm gelang die Flucht nach Südafrika, nachdem er vermutlich zuvor eine zeitlang in der Sowjetunion und in Holland gelebt hatte.
1 Bis 1905 führte Emma Leeser ebenfalls ein Pensionat in Detmold, verzog dann aber nach Köln.
QUELLEN: StdA DT MK; StdA Marsberg; StdA Gescher; Yad Vashem Foto s.: https://photos.yadvashem.org/photo-details.html?language=en&item_id=14105375&ind=0 ; Arolsen Archives
LITERATUR: Blanke und Stolz (2007); Lange (2018); Wiemold (2015); Wissen (1989)