P_Biographien
geb. 21.11.1879 in Cappel bei Blomberg
Religionszugehörigkeit: | jüdisch |
Eltern: |
Jacob Paradies (24.09.1842 in Cappel - 04.12.1893 in Cappel, Viehhändler) und |
Geschwister: | Helene Paradies (21.10.1878 in Cappel - 03.10.1901 in Detmold) Sella Wolff, geb. Paradies (22.08.1883 - 24.02.1926), Geschäftsinhaberin, Putzmacherin Pauline (Paula) Paradies Meta Neufeld, geb. Paradies Julius Paradies |
1.Ehefrau: | Frieda Paradies, geb. Cohen (23.02.1889 in Kalkar -12.01.1922 in Kalkar) |
Tochter von Aron Albert und Frieda Paradies: | Hannah Paradies (geb. 08.01.1922 in Kalkar) |
2.Ehefrau: | Johanna Paradies, geb. Windmüller (geb. 13.08.1887 in Schlitz) |
Tochter von Aron Albert und Johanna Paradies: |
Sella Helga Paradies (geb. 08.04.1924 in Düsseldorf), Damenschneiderin |
Beruf: | Fernsprechtechniker, Mechaniker |
Wohnorte: | vor 1939 Düsseldorf, Grafenberger Allee 78 Düsseldorf, Aderstr. 8 09.08.1940 Detmold, Hornsche Str. 33 bei Paradies 12.08.1940 nach Düsseldorf, Aderstr. 8 abgemeldet |
Aron Albert Paradies verbanden verwandschaftliche Beziehungen mit Detmold. Als Lebensschwerpunkt hatte er Düsselorf gewählt. Er war wegen eines Besuches bei seiner Schwester Paula offiziell in Detmold gemeldet. Albert Paradies hatte am 28. Dezember 1922 Johanna Windmüller in Schlitz geheiratet, nachdem seine erste Frau Frieda, mit der er ebenfalls eine Tochter hatte, verstorben war.
Am 10. November 1941 wurde Albert Paradies zusammen mit seiner Frau Johanna und seiner Tochter Sella von Düsseldorf nach Minsk deportiert. Dieser Transport betraf insgesamt 997 Menschen, davon 607 aus Düsseldorf. Der unbeheizt Zug erreichte nach vier Tagen und vollkommen unzureichender Wasserversorgung für die Menschen mit zahlreichen Unterbrechungen den Bestimmungsort Minsk. Das weitere Schicksal der Familie Paradies und ihre Ermordung sind nicht dokumentiert.
Aron Albert, Johanna und Sella Helga Paradies gelten als verschollen.
Seiner Tochter aus erster Ehe, Hannah Paradies, gelang die Flucht nach Palästina.
QUELLEN: StdA DT MK; LAV NRW OWL D 72 Staercke Nr. 18, D 87 Nr. 9; Archiv der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf; Jacob Wolff (Israel); David Kornblum (o.O.)
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geb. 21.12.1887 in Cappel bei Blomberg
Religionszugehörigkeit: | jüdisch |
Eltern: | Jacob Paradies (24.09.1842 in Cappel - 04.12.1893 in Cappel) und Fanny Paradies, geb. Hamlet (30.01.1855 in Heiden - 15.04.1935 in Detmold) |
Geschwister: | Helene Paradies (21.10.1878 in Cappel - 03.10.1901 in Detmold) Sella Wolff, geb. Paradies (22.08.1883 - 24.02.1926), Geschäftsinhaberin, Putzmacherin Aaron Albert Paradies (geb. 21.11.1889 in Cappel) Pauline (Paula) Paradies (geb. 22.08.1881 in Cappel) Meta Neufeld, geb. Paradies (geb. 04.02.1885 in Cappel) |
Ehefrau: | Flora Lotte Paradies, geb. Löwenstein (15.12.1884 in Artern/Thüringen - 11.02.1976 in Haifa), Krankenschwester |
Kinder: | Hans Jacob Paradies (08.05.1914 in Rohrbach - 24.11.1982 in Israel) Ilse Emma Paradies (geb. 13.07.1917 in Mannheim) Edith Helene Paradies (geb. 13.07.1917 in Mannheim) |
Beruf: | Kaufmann, Bankier |
Wohnorte: | Detmold 1909 Mannheim L.12.10 Detmold: 29.07.1940 Hornsche Str. 33 bei Paradies 12.08.1940 mit Frau nach Mannheim, L.12.10 abgemeldet |
1909 zog Julius Paradies von Detmold nach Mannheim, wo er als Bankbeamter gemeldet war. Ab 1912 war er bei der Süddeutschen Bank tätig. Bereits am 1. August 1914 zum Militär eingerückt, kehrte er erst am Ende des Ersten Weltkrieges zurück. Am 12. Juni 1915 hatte Julius Paradies Flora Lotte Löwenstein geheiratet. Neben einem bereits 1914 geborenen Sohn hatte das Ehepaar 1917 Zwillingstöchter, die 1917 geboren wurden. Von Februar bis September 1918 lebte Flora Paradies mit den Kindern in Detmold.
Nach dem Krieg arbeitete Julius Paradies wieder bei der Süddeutschen Bank, wo er 1939 ausschied. Mit der anlässlich seines Ausscheidens gezahlten Abfindung beteiligte er sich an einer Mannheimer Bleistiftfabrik, die jedoch 1934 liquidiert werden musste. Von 1936 bis 1938 betrieb er nochmals ein eigenes Handelsgeschäft, allerdings mit nur geringem wirtschaftlichen Erfolg.
Vom 11. November 1938 bis 22. Dezember 1938 wurde Julius Paradies in Dachau in sog. Schutzhaft (Häftlingsnummer 20774) genommen. Nach seiner Rückkehr arbeitete er bis zur Deportation der Mannheimer Juden am 22./23. Oktober 1940 als Leiter der Auswanderungsabteilung des Hilfsvereins der Deutschen Juden in Mannheim. Seinen Kindern gelang in den Jahren zuvor die Flucht.
Julius Paradies wurde am 22. Oktober 1940 nach Frankreich deportiert und wurde in den Lagern Gurs, Récébédou und Nexon interniert. Am 27. Februar 1943 wurde er von Gurs nach Drancy verschleppt und von dort am 4. März 1943 in das Vernichtungslager Majdanek deportiert. Dieser Transport legte laut Informationen des Staatlichen Museums in Majdanek nur einen kurzen Halt ein, um dann in das Vernichtungslager Sobibor weitergeleitet zu werden.
Julius Paradies wurde vom Amtsgericht Detmold 1953 für tot erklärt. Als offizieller Todeszeitpunkt wurde der 31. Dezember 1945 festgesetzt.
Seine Frau Flora überlebte die Lager Recébédou, Nexon und Masseube und konnte 1946 nach Palästina auswandern. Zwischen 1952 und 1954 war sie für einige Monate in Mannheim, bevor sie im Oktober 1954 endgültig nach Haifa zog. Dort starb sie hoch betagt.
QUELLEN: StdA DT MK; LAV NRW OWL D 72 Staercke Nr. 18, D 87 Nr. 9; Jacob Wolff (Israel); Arolsen Archives; Mémorial de la Shoah; KZ-Gedenkstätte Dachau; Staatliches Museum Majdanek; Pyrenées-Atlantiques Services Départemental des Archives; StdA Mannheim
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geb. 22.08.1881 in Cappel bei Blomberg
Religionszugehörigkeit: | jüdisch |
Eltern: | Jacob Paradies (24.09.1842 in Cappel - 04.12.1893 in Cappel), Viehhändler und Fanny Paradies, geb. Hamlet (30.01.1855 in Heiden - 15.04.1935 in Detmold) |
Geschwister: | Helene Paradies (21.10.1878 in Cappel - 03.10.1901 in Detmold) Aron Albert Paradies Sella Wolff, geb. Paradies (22.08.1883 - 24.02.1926), Geschäftsinhaberin, Putzmacherin Meta Neufeld, geb. Paradies Julius Paradies |
Ehemann von Sella Wolff: | Moses (Martin) Wolff (25.06.1891 in Culm/Westpreußen - 1942 in Shanghai), Kaufmann |
deren Söhne: | Jacob Heinz Wolff (30.04.1920 in Detmold - 23.12.2007 in Beit Yitzak, Israel) Seew Fritz Moritz Wolff (17.04.1923 in Herford - 13.01.1978 in Israel) |
Beruf: | Geschäftsinhaberin, Putzmacherin |
Wohnorte: | Detmold: Krumme Str. 20 Lange Str. 33 (Geschäft) 10.10.1931 Krumme Str. 20 18.10.1939 Hornsche Str. 33 bei Levysohn 27.03.1942 "abgemeldet nach unbekannt" |
Paula Paradies wuchs in Cappel bei Blomberg auf und ging auch dort zur Schule. Sie betrieb in Detmold in der Langen Straße 33 einen Hutsalon, der in den 1920er Jahren zu den renommierten Geschäften in Detmold zählte.
Bereits zu Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft war sie Drangsalierungen und nicht nur wirtschaftlicher Ausgrenzung ausgesetzt. So musste sie spätestens 1935 ihren Betrieb aufgeben. Versuche mancher Kunden, privat auch weiterhin den Kontakt zu ihr aufrecht zu halten, wurden von der Gestapo erfolgreich unterbunden. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie daraufhin für nur kurze Zeit mit der Vertretung von Kaffee und Schokolade. Sie gehörte später zu den jüdischen Fürsorgeempfängerinnen, deren Unterstützung mit Wirkung vom 1. Juni 1939 durch den NS-Staat gestrichen wurde. Sie war sog. Pensionsmutter für einige jüdische Schülerinnen aus der Schule in der Gartenstraße 6.
Am 30. März 1942 wurde Paula Paradies von Detmold zunächst nach Bielefeld transportiert. Von dort wurden die Menschen am 31. März 1942 in Viehwaggons nach Warschau deportiert.
Paula Paradies gilt als verschollen.
QUELLEN: StdA DT MK; LAV NRW OWL D 72 Staercke Nr. 18, D 87 Nr. 9,15; Jacob Wolff (Israel); ZA B 1/34 Nr. 778, 842, 847, 853, 856
WEITERE QUELLEN: LAV NRW OWL D 87 Nr. 9, LZ , 16.04.1935: Todesanzeige der Fanny Paradies, geb. Hamlet
unterzeichnet: Paula Paradies
LITERATUR: Bräuer (2000), Müller (1992), Müller (2008)
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geb. 23.02.1921 in Tochheim, Kreis Calbe - 15.03.1944 im Arbeitshaus in Vaihingen/Enz
Religionszugehörigkeit: | evangelisch |
Eltern: | Minna Paulsen, geb. Hartung (gest. 1935) und Eugen Paulsen |
Wohnorte: | Tochheim Mölln, Wasserkrügerweg 2 Heide in Holstein Stettin-Neuendorf Bethel Eckardtsheim Augustdorf Nr. 246 bei Detmold |
Hans-Joachim Paulsen erkrankte in seinem dritten Lebensjahr, was zahlreiche Klinikaufenthalte u. a. in Rostock, Hamburg-Eppendorf (1925) und Magdeburg (1931-1933) notwendig machte. Zunächst war es ihm noch möglich, die Volksschule zu besuchen, jedoch wurden seine geistigen Fähigkeiten zusehends durch die Krankheit beeinträchtigt.
Soziale Auffälligkeiten bedingten einen Schulverweis und einen Wechsel auf die sog. Hilfsschule. 1934 wurde Hans-Joachim Paulsen in die Heil- und Pflegeanstalt Bethel eingewiesen und wurde dort auch in der Anstalt Eckardtsheim in der Abteilung für Gemüts- und Nervenkranke wiederholt untersucht und medizinisch versorgt. Unterbrochen wurden seine dortigen Aufenthalte durch unzuträgliche Versuche des Vaters, der Ausbilder einer SA-Sportschule in Altengrabow und später Stabsfeldwebel in Bremen war, seinen Sohn als Hausdiener und durch leichte Tätigkeiten in der Landwirtschaft unterzubringen. Diese Versuche scheiterten aufgrund der schweren Erkrankung Hans-Joachim Paulsens, so dass er wiederum in die Anstalten Bethel, nunmehr in geschlossene Abteilungen, eingewiesen wurde. Diese Unterbringung erfolgte auch aufgrund mehrerer Fluchtversuche mit Diebstahlvergehen. Am 20. Oktober 1937 wurde durch das Erbgesundheitsgericht Bielefeld die "Unfruchtbarmachung" von Hans-Joachim Paulsen beschlossen. Die Zwangssterilisation erfolgte am 3. Dezember 1937.
Am 26. Januar 1940 wurde Hans-Joachim Paulsen als sog. Pflegling in der Arbeiterkolonie "Heimathof" der Anstalt Bethel in der Hermannsheide bei Augustdorf untergebracht, wo er für Gartenarbeiten eingesetzt wurde. Wiederholt beschwerte er sich dort wegen schlechter Verpflegung und mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten. Am 1. und 13. Mai 1940 setzte Hans-Joachim Paulsen zwei Scheunen, wie es hieß, "aus Verärgerung und Rache" in Brand.
Nachdem Paulsen den Verdacht zunächst auf polnische Zwangsarbeiter gelenkt hatte, gestand er seine Taten und wurde am 22. August 1940 durch die Strafkammer des Landgerichts Detmold wegen Brandstiftung in zwei Fällen und wegen Verbrechen gegen die sog. Volksschädlingsverordnung (VVO) zu einer Gesamtstrafe von sechs Jahren Zuchthaus und zu Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte für fünf Jahre verurteilt. Zudem wurde eine Unterbringung in eine Heil- und Pflegeanstalt "im Interesse der Öffentlichen Sicherheit" angeordnet. Durch ein ärztliches Gutachten vom 20. Juni 1940 wurden ihm eine "Störung der Geistesfähigkeit, wenig Einsicht in Unrechtmäßigkeiten und eine erhebliche Herabsetzung der Urteilsfähigkeit" bescheinigt. Zudem wurde er ärztlicherseits als haftunfähig eingestuft und eine dauerhafte Unterbringung in einer entsprechenden Einrichtung empfohlen.
Unmittelbar nach der Brandstiftung war Hans-Joachim Paulsen als "vermindert zurechnungsfähig" in der Heil- und Pflegeanstalt Lindenhaus eingewiesen worden. Vom 28. Mai 1940 bis 19. Juni 1940 wurde er wiederum in Eckardtsheim zur Beobachtung untergebracht. Sein beeinträchtigter Geisteszustand wurde durch die sog. Irrenabteilung des Zuchthauses Münster im November 1940 bestätigt. Am 12. Februar 1941 wurde Hans-Joachim Paulsen in die Provinzial-Heilanstalt Eickelborn verlegt, nachdem er seit dem 27. Januar 1941 wiederum in der Heil- und Pflegeanstalt Lindenhaus untergebracht worden war. Am 23. Dezember 1943 unterzeichnete er in der Heilanstalt Eickelborn eine Erklärung, nun seine Haftstrafe antreten zu wollen, wobei allerdings Motivation und Entstehungsbedingungen dieses Entschlusses fragwürdig sind. Infolgedessen wurde Hans-Joachim Paulsen am 6. Januar 1944 in das Zuchthaus Hameln überstellt und am 2. Februar 1944 in das Arbeitshaus für Männer in Vaihingen/Enz, das im Schloss Kaltenstein untergebracht war, überführt. Hier wurden bereits seit dem 19. Jahrhundert Nichtsesshafte, Bettler, "Arbeitsscheue", Landstreicher, sog. Asoziale und wegen Zuhälterei und Glücksspiel Verurteilte "zur Besserung" eingewiesen und aus einer Gesellschaft entfernt, in der sie aus Sicht des NS-Staates selbstverschuldet lediglich als Belastung der öffentlichen und privaten Fürsorge galten. Während des Zweiten Weltkrieges wurden neben politischen Gefangenen verstärkt Kriegsgefangene und Häftlinge aus den überfüllten Zuchthäusern in Arbeitshäusern wie in Vaihingen untergebracht. Schwerste Gewalt, Folter, Erniedrigungen, Gegenmenschlichkeit, eine stete Unterversorgung und medizinische Vernachlässigungen bzw. Unterlassung gehörten auch im Arbeitshaus Vaihingen zum Alltag der dort Untergebrachten. 1944 sorgte in Vaihingen die wachsende Überbelegung (es waren nunmehr 600 Insassen dort untergebracht) auch für katastrophale hygienische Bedingungen. Die ärztliche Betreuung erfolgte ab 1944 allenfalls sporadisch, nachdem sie zuvor auch nur als unzureichend zu bezeichnen war. Die Häftlinge starben u. a. an Unterernährung, an fehlender medizinischer Versorgung, an Misshandlungen und dadurch, dass sie ihrem sicheren Sterben einfach preisgegeben wurden.
Hans- Joachim Paulsen starb im Arbeitshaus Vaihingen nur wenige Wochen nach seiner Einlieferung am 15. März 1944. Als offizielle Todesursache wurde auch Herzmuskelschwäche angegeben.
Vermutlich wurde Hans-Joachim Paulsen am 19. März 1944 auf dem städtischen Friedhof in Vaihingen beigesetzt, wo er zusammen mit französischen Kriegsgefangenen ein gemeinsames Grab teilte.
QUELLEN: LAV NRW OWL D 21 B Nr. 2408; LAV Baden-Württemberg Staatsarchiv Ludwigsburg (StAL E 188b Bd. 3 (Gefangenenbuch)); Archiv der KZ-Gedenkstätte Vaihingen/Enz
LITERATUR: Sommer und Steffen (2009); Grieb und Schmidt, (1985); Scheck (2014); Mattenklotz (2010). Siehe auch: https://www.gedenkstaette-vaihingen.de
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22.06.1882 in Lippstadt - 12.02.1934 in Detmold
Religionszugehörigkeit: | evangelisch |
Eltern: | Marie Peters, geb. Gerdes und Emil Peters, Regierungsbaumeister |
Ehefrau: | Dorothea Peters, geb. Schaefer |
Sohn: | Günther Peters (geb. 1921) |
Beruf: | Jurist, Kommunalpolitiker, Oberbürgermeister Detmold (1920-1933) |
Wohnorte: |
Lippstadt |
Emil Peters stammte aus einer preußischen Beamtenfamilie. In Breslau und Magdeburg besuchte er das Gymnasium und schloss 1901 seine Schulausbildung mit dem Abitur ab. Er studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten in Halle an der Saale, München und Göttingen. Sein Referendarexamen legte Emil Peters 1904 am Oberlandesgericht Celle ab. Zwei Jahre später, im Jahr 1906, wurde er über ein Thema des Kolonialrechts an der Universität Göttingen promoviert, die deutlich den damaligen Zeitgeist und die entsprechende Haltung der Kolonialherren gegenüber den indigenen Völkern widerspiegelte.1 Nach der juristischen Staatsprüfung 1909 arbeitete Emil Peters als Gerichtsassessor beim Amtsgericht in Neustadt am Rübenberge. Danach schlug er eine höhere Verwaltungslaufbahn ein: So war er in den Kommunalverwaltungen in Hildesheim, Finsterwalde im Kreis Luckau und Forst beschäftigt. 1913 wurde er zum besoldeten Stadtrat von Forst gewählt. Ein Jahr später heiratete er Dorothea Schaefer aus Finsterwalde. 1916 wurde Emil Peters Zweiter Bürgermeister in Graudenz in Westpreußen, wo er zunächst den erkrankten Oberbürgermeister vertrat, bis er selbst zum 1. April 1919 dieses Amt übernahm.
Als nach dem Ersten Weltkrieg Westpreußen an Polen fiel, wurde das Ehepaar Peters ausgewiesen und musste Graudenz verlassen. Sie zogen nach Detmold, wo der parteilose, aber der DVP nahestehende Emil Peters am 9. April 1920 einstimmig in das Amt des Oberbürgermeisters gewählt wurde. Seinen Dienst trat er nach Bestätigung durch das Lippische Landespräsidium am 10. Mai 1920 an. Emil Peters und seine Frau bezogen ihre Dienstwohnung in der Allee 13.2 Am 9. Dezember 1921 wurde ihr einziger Sohn Günther geboren. Im Jahr 1927 verließ die Familie ihre Wohnung in der Allee 13 und zog in die Bülowstraße 11. Neben seiner Tätigkeit als Oberbürgermeister unterrichtete Emil Peters bis zu deren Schließung im Jahr 1924 das Fach Kommunalwesen und Verwaltungsrecht an der Detmolder Hochschule für Verwaltungswissenschaften. 1925 übernahm Emil Peters zudem den Vorsitz des Lippischen Theatervereins.
Seine Wiederwahl als Oberbürgermeister im Jahr 1931 erfolgte nicht mehr einstimmig wie noch 1920, sondern nur noch mit den Stimmen der bürgerlichen und rechten Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung. Öffentlich ausgetragene Streitigkeiten zwischen Landesregierung und der Stadt Detmold sowie die insgesamte instabile politische Lage schwächten Peters' Position. Konflikte mit nationalsozialistischen Funktionären und der Parteiorganisation wegen politischer, ordnungspolizeilicher sowie steuerrechtlicher Streitthemen eskalierten in der Bedrohung von Emil Peters durch seine politischen Gegner. Unter anderem hatte Peters sich geweigert, kommunistische und gewerkschaftlich organisierte Arbeiter des Gas- und Wasserwerks zu entlassen. Der Hilfspolizei versagte er Waffenscheine und wurde dadurch endgültig zum Hassobjekt der Nationalsozialisten und deren Anhänger.
Der Leiter der Hilfspolizei Josef (Jürgen) Stroop, der spätestens durch die Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto im Jahr 1943 zum berüchtigten Täter wurde, habe daraufhin Emil Peters auf eine "schwarze Liste" gesetzt. Als ein Auftritt des jüdischen Vortragskünstlers Josef Plaut im Detmolder Landestheater durch NSDAP-Mitglieder durch Singen des Horst-Wessel-Liedes und durch Stinkbomben (bekannt als sogenannter Theaterskandal) gestört wurde, und Plaut als Jude verboten werden sollte, das Lied des Lippischen Schützen vorzutragen, weigerte sich Emil Peters, diesen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung mitzutragen und stellte sich dadurch demonstrativ hinter Josef Plaut. Eine weitere Eskalation erfuhr die politisch zusehends angespannte Situation, als Emil Peters einen Tag nach der Reichstagswahl am 6. März 1933 seine Zustimmung zum Hissen der Hakenkreuzfahne neben der Reichsflagge verweigerte. Letztlich wurde der Vorgang nachträglich gebilligt, diente allerdings als willkommener Anlass für die Nationalsozialisten, Emil Peters aus dem Amt zu drängen und ihn somit loszuwerden. Die wichtigsten NS-Parteifunktionäre legten Beschwerde bei der Landesregierung ein, beharrten auf eine Erklärung seitens Peters, der er nicht nachkam und forderten disziplinarische Maßnahmen. Noch bevor entsprechende Schritte der Aufsichtsbehörde gegen Peters realisiert wurden, wurde er Opfer eines inszenierten Überfalls: Am 31. März 1933 wurde Emil Peters auf dem Weg zum Rathaus durch SA-Mitglieder und des NS-Kraftfahrerkorps in Zivil angepöbelt und zu Boden gestoßen. Durch bereitstehende uniformierte Hilfspolizisten wurde Peters abgeführt und im Auftrag der Landesregierung in sogenannte Schutzhaft genommen. Emil Peters war damit der einzige städtische Beamte, der sich dieser Willkürmaßnahme ausgesetzt sah. Unter der Auflage, sich seiner Amtsgeschäfte zu enthalten, wurde er aus der "Schutzhaft" entlassen. Peters ließ sich von der Landesregierung offiziell beurlauben und stellte noch am gleichen Tag Strafanzeige gegen die ihm unbekannten Täter des Überfalls. Er wurde jedoch gedrängt, diese zurückzuziehen. Letztlich willigte er ein, nachdem ihm eine gleichrangige Stellung im öffentlichen Dienst zugesichert wurde. Allerdings deutete der Staatsminister Riecke zugleich an, nicht für Peters' Sicherheit garantieren zu können.
Am 30. Juni 1933 verfügte der Reichsstatthalter und Gauleiter Dr. Alfred Meyer auf Grundlage des § 6 des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" (RGBl, Teil 1, Nr. 34, S.175ff.) die Versetzung Peters in den Ruhestand. Peters mehrfach geäußertem Wunsch nach einer Unterredung mit einem Mitglied der Landesregierung wurde nicht mehr entsprochen. Weitere Drangsalierungen folgten. So wurde sein Gehalt wegen angeblicher Verfehlungen auf Sperrkonten überwiesen. Durch eine breit angelegte Pressekampagne wurde Peters diskreditiert. Die Zusicherung einer gleichrangigen Position erwies sich als Täuschung, da ihm Anfang 1934 lediglich eine schlechter dotierte Stelle als Regierungsrat beim Finanzamt zugewiesen wurde. Emil Peters hatte noch am 26. August 1933 ein Ersuchen gestellt, ihn in der Reichsfinanzverwaltung zu beschäftigen. Allerdings wurde ihm am 5. Februar 1934 aus Berlin mitgeteilt, man könne ihn nur am Finanzamt Detmold zur Einarbeitung beschäftigen. Eine dauerhafte Betätigung in seiner Heimatstadt könne ihm nicht zugesichert werden.
Für Emil Peters war diese Degradierung nicht nur eine Demütigung, sondern Verrat, Wortbruch und ein gravierender Ehrverlust, zumal er durch die Rücknahme der Strafanzeige selbst die Machenschaften und seine eigene Entmachtung durch die Nationalsozialisten befördert hatte. Emil Peters nahm sich am 12. Februar 1934 das Leben. Eine Trauerfeier und offizielle Würdigung gab es nicht.
Emil Peters wurde am 13. August 1954 als Verfolgter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft anerkannt. Eine öffentliche Ehrung erfuhr der ehemalige Oberbürgermeister durch Straßenbenennungen: Zunächst wurde eine Nebenstraße der Elisabethstraße, der heutige Bruchgarten, nach ihm benannt, bevor 1965 eine Straße im Langen Feld Emil-Peters-Straße genannt wurde.
1 Der Titel lautete: "Der Begriff sowie die staats- und völkerrechtliche Stellung der Eingeborenen in den deutschen Schutzgebieten nach deutschem Kolonialrechte."
2 Hier errichtete nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Jüdische Gemeinde Detmold eine Synagoge und ein jüdisches Altenheim.
QUELLEN : StADT MK, D 106 Detmold A, Nr. 1582, 2940, Personalakte Dr. Emil Peters, 4102; LAV NRW OWL D 1 BEG Nr. 7365, D 21 B Nr. 2552, L 80.04 Nr. 438
LITERATUR : Sunderbrink, Bärbel (2024), (2025)
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