geb. 16.08.1874 in Heiligenkirchen b. Detmold - 22.10.1944 im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz.
Religionszugehörigkeit: | jüdisch |
Eltern: | Simon Examus (geb. 12.05.1834) und Selma Examus, geb. Blank (geb. 14.04.1842) |
Geschwister: | Julius Examus (geb. 22.09.1861) Gustav Examus (geb. 23.01.1864) Albert Examus (geb. 07.06.1866) Selma Examus (geb. 27.02.1869) Martha Marianne Herzberg, geb. Examus (geb. 10.04.1875) Rosa Examus (geb. 11.01.1877) David Examus (geb. 06.06.1878) Else Wertheim, geb. Examus (geb. 05.02.1885) |
Ehemann: | Fritz (Siegfried) Gerson, Viehhändler (24.12.1869 in Hüls/Krefeld - 04.04.1943 im Ghetto und Konzentrationslager Theresienstadt) |
Söhne: | Ernst Gerson (28.08.1904 - nach 1959 in den Niederlanden) Kurt Gerson (18.01.1908 in Havixbeck - 1945 im Konzentrationslager Riga-Burggraben) |
Enkelinnen: | Ursula Gerson Yvonne Gerson (07.06.1938 in Berlin - 19.10.1944 in Auschwitz) |
Wohnorte: | Heiligenkirchen Havixbeck 126 21.04.1942 Münster, Am Kanonengraben 4 |
Bertha Examus besuchte zunächst die Töchterschule in Detmold und nach ihrem Examen ein Pensionat in Hannover.1903 heiratete sie den Viehhändler Fritz Gerson, mit dem sie zwei Söhne hatte. Mit ihrer Familie lebte sie in Havixbeck. Dort war ihr Mann der letzte Repräsentant der dortigen Synagogengemeinde.
Der ohnehin kleine Betrieb der Gersons kam durch die NS-Maßnahmen fast vollständig zum Erliegen, so dass Bertha Gerson zeitweise zwei Pensionäre in ihren Haushalt aufnahm, um dadurch einen Beitrag zum Lebensunterhalt leisten zu können. Auch der Verkauf von Grundbesitz im Juni 1938, der vom Finanzamt als "vorbereitende Maßnahmen zur Verlegung des Wohnsitzes" interpretiert wurde, verdeutlicht die Lage der Familie Gerson. Am 2. November 1939 erließ das Finanzamt eine sog. Sicherungsanordnung1 gegen Fritz Gerson, die einen potentiellen Zugriff auf dessen Vermögen ermöglichte. Gerson legte Einspruch dagegen ein und wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, auf die Unterstützung seines Sohnes Kurt angewiesen zu sein. Das Haus in Havixbeck musste die Familie Gerson notgedrungen im Dezember 1939 verkaufen. Gegen eine weitere Sicherungsanordnung vom November 1940 erhob nun Bertha Gerson Einspruch, da ihr Mann am 13. November 1940 einen Schlaganfall erlitten hatte. Darin erklärte sie nunmehr, auf die Unterstützung der jüdischen Wohlfahrtspflege angewiesen zu sein.
Am 21. April 1942 wurde Bertha Gerson mit ihrem Mann und ihrer Enkelin Yvonne in das "Judenhaus" Am Kanonengraben 4 in Münster eingewiesen.
Am 31. Juli 1942 wurden Fritz und Bertha Gerson mit insgesamt 901 Menschen mit dem Transport XI/1 Nr. 768, 769 von Münster nach Theresienstadt deportiert. Fritz Gerson starb dort im Alter von 73 Jahren.
Bertha Gerson wurde am 15. Mai 1944 mit dem Transport Dz Nr. 2211 nach Auschwitz deportiert und dort zunächst im sog. Familienlager untergebracht. Dieser Transport umfasste insgesamt 2501 Menschen, von denen 134 überlebten. Bertha Gerson gehörte nicht zu ihnen. Sie starb in Auschwitz am 22. Oktober 1944.
Ihre Enkelin Yvonne wurde mit dem Transport Es Nr. 680 ebenfalls nach Auschwitz deportiert. Dort wurde sie im Alter von sechs Jahren ermordet.
Kurt Gerson war früh verwitwet, denn seine Frau war kurz nach der Geburt der Tochter verstorben. Er zog daraufhin mit Yvonne von Münster wieder nach Havixbeck zu seinen Eltern, wo er Zwangsarbeit im Tiefbau leisten musste. Am 13. Dezember 1941 wurde er über Münster nach Riga deportiert. Nach Auflösung des Ghettos im Jahr 1943 musste er im Konzentrationslager Riga-Kaiserwald u. a. im Straßenbau arbeiten. Kurt Gerson kam kurz vor der Befreiung durch die russische Armee 1945 im Außenlager Burggraben um.
Ihr Sohn Ernst wurde wegen "diverser Vergehen", wie es hieß, verfolgt und floh im Mai 1938 in die Niederlande. Seine Familie folgte ihm und wurden in das Sammellager Westerbork eingewiesen. Von dort wurden sie im September 1944 nach Auschwitz deportiert. Seine Frau, seine Tochter und seine Schwiegereltern kamen dort um. Ernst Gerson überlebte Auschwitz und Bergen-Belsen.
QUELLEN: LAV NRW OWL P 2 Nr. 8; StdA DT MK; LAV NRW W L001 Nr. 2293; Nationalarchiv Prag; Museum und Archiv der Gedenkstätte Auschwitz; Arolsen Archives
LITERATUR: Möllenhoff/Schlautmann-Overmeyer (2001)
Zur Familiengeschichte der Familie Examus s. Joachim Kleinmanns: Die jüdische Familie Examus in Detmold. In: Rosenland 29/2024, S. 74 ff.